Kleingruppe oder Großgruppe – oder wo liegt die Wahrheit….

Ein Artikel geschrieben von: Anke Himeml am 21.12.2017


Die Jungschar schrumpft, in der Jugendgruppe dümpeln nur noch eine Handvoll Mitglieder rum. Was ist los in den Gemeinden? Viele schauen mit Sorge auf die immer kleiner werdenden Gruppen.

Mag sein, dass das zunächst irritiert, doch im Prinzip ist es eigentlich gut, denn Jugendarbeit ist erster Linie ein Bildungsort und Jugendarbeit ist Beziehungsarbeit.

Eine schlüssige Antwort für kleinere Gruppen findet sich bei Hans Peter Henecka. Er bezieht sich auf den amerikanischen Soziologen Georg Casper Homans, der die Kleingruppe als eine Reihe von Personen beschreibt, die in einer bestimmten Zeitspanne (Jungscharstunde/Gruppenstunde) häufig miteinander Kontakt haben und deren Anzahl so gering ist, dass jede Person mit allen anderen Personen in Verbindung treten kann, und zwar nicht nur mittelbar über andere Menschen, sondern von Angesicht zu Angesicht (Homas 1978, 29).

Berücksichtigt man dazu die von Wilbert Ellis Moore (1968) ins Spiel gebrachte gruppendynamische Formel, dann können in einer 5er-Gruppen zehn mögliche Beziehungen eingegangen werden. Das ist wirklich noch überschaubar.

N entspricht der gegebenen Mitgliederzahl:

Ist n schon 10, dann belaufen sich die möglichen Zweierbeziehungen auf 45 Kontakte und bei der oft gewünschten Gruppengröße von 15 Jugendlichen liegen die möglichen 2er Kontakte bereits bei 105.

Auch noch überschaubar. Anders sieht es jedoch aus, wenn die nächste Formel ins Spiel gebracht wird. Mit Hilfe dieser wird die Summe der gruppeninternen Beziehungsmöglichkeiten „errechnet“.

Bei fünf Gruppenmitglieder ist es weiterhin überschaubar. Da gibt es 90 gruppeninterne Beziehungsmöglichkeiten, bei sieben Gruppenmitgliedern sind es 966 Beziehungsmöglichkeiten und damit schon im dreistelligen Bereich.

Mit 10 Gruppenmitgliedern könnten es theoretisch 28501 gruppeninterne Beziehungsmöglichkeiten geben und bei einer 15-köpfigen Gruppe bewegt sich diese internen Beziehungsmöglichkeiten bereits im Millionenbereich (7141685). Für eine Schulklasse verzichten wir auf die Berechnung.

Henecka weißt in diesem Zusammenhang darauf hin, dass bei Gruppen über 15 Personen die persönliche Beteiligung stark rückläufig ist. Im Grunde verhalten sich die Gruppenmitglieder dann so, wie es einer Situation mit knapp 400 Personen entsprechen würde.

Fazit: Eine gute und arbeitsfähige Gruppe (… und Jugendarbeit ist Bildungs- und Beziehungsarbeit!) bewegt sich nach Ansicht der Soziologen zwischen sieben und 15 Personen. In diesen Grenzen können die Gruppenmitglieder noch ein Sicherheitsgefühl durch machbare soziale Kontakte aufbauen und es kann sich das Gefühl des Akzeptiertwerdens einstellen.

Für uns im Jugendwerk bedeutet das: wir wollen weiterhin keine Massenveranstaltungen. Unsere Gruppen sollen arbeitsfähig, beziehungsfähig und überschaubar bleiben. Wir nehmen dabei hin- und wieder auch das Risiko in Kauf,  mit Gruppen in Freizeiten zu starten, die nicht mehr zuschussfähig sind.  Doch für die „Teilis“ lohnt es sich – und damit auch für uns.

 

(Quelle: vgl. Henecka, Hans Peter; Grundkurs Soziologie, S. 154 – 160)

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